Ende 2012 litten beinahe 7.000 ÖsterreicherInnen an Magenkrebs. Im Interview spricht der Onkologe Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Matthias Preusser über die richtige Ernährung während der Therapie eines Magenkarzinoms.
Prof. Priv.-Doz. Dr. Matthias Preusser
Oberarzt an der Universitätsklinik für Innere Medizin I, Klinische Abteilung für Onkologie, AKH Wien Wien, Comprehensive Cancer Center (CCC) Vienna © Foto: Sabine Gruber
Welche Ernährungstipps können Sie PatientInnen geben?
Es kommt darauf an, in welchem Stadium sich die Krankheit befindet. In frühen Stadien wird häufig operiert, manchmal mit einer Zusatztherapie, also einer Chemotherapie und/oder Chemostrahlentherapie. In fortgeschrittenen Stadien wird unter Umständen nicht operiert, sondern es kommen Chemo- oder Antikörpertherapien zum Einsatz. Allgemeine Empfehlungen können daher nicht abgegeben, die Ernährung muss individuell abgestimmt werden.
Dafür gibt es speziell geschulte DiätologInnen, die zusammen mit uns OnkologInnen die optimale Ernährung zusammenstellen. Wichtig ist aber, dass man sich ausgewogen und ausreichend ernährt, um den Körper und das Immunsystem im Kampf gegen die Krankheit optimal zu unterstützen.
Gibt es Nahrungsmittel, die man vermeiden sollte?
Ja, bei manchen Chemotherapeutika darf man beispielsweise keine Grapefruit essen, weil das einen negativen Einfluss auf den Abbau der Chemotherapie hat. Wenn durch die Therapie das Immunsystem in seiner Funktion beeinträchtigt ist, muss man auf eine keimarme Ernährung achten. Über diese speziellen Maßnahmen wird man aber aufgeklärt, wenn die Chemotherapie verschrieben wird.
Gibt es Produkte, die Sie empfehlen?
Zusatzpräparate in Flüssigform sind durchaus empfehlenswert, insbesondere dann, wenn aufgrund von Schluckstörungen, Appetitlosigkeit oder anderen medizinischen Gründen keine ausreichende Ernährung mit normalen Lebensmitteln gewährleistet ist. Diese Präparate gibt es in allen möglichen Zusammensetzungen und Geschmacksrichtungen, aber auch geschmacksneutral. Sie sind darauf ausgerichtet, möglichst viele Kalorien einerseits und wichtige Nährstoffe wie Proteine und Vitamine andererseits zuzuführen.
Wie sieht die Ernährung nach einer Operation aus?
Nach einer Magenentfernung ist es wichtig, dass man acht bis zehn kleine Mahlzeiten am Tag zu sich nimmt, da die Speicherfunktion des Magens teilweise oder ganz wegfällt. Sonst führt das zu Magenschmerzen, Übelkeit, Erbrechen etc. Energiedichte Nahrung ist wichtig, weil man nur kleine Portionen essen kann. Das bedeutet, relativ wenig Ballaststoffe, Vollkornprodukte und ähnliches sind eher kontraproduktiv.
Wie gestaltet sich die Ernährung bei einer Chemotherapie?
Da ist es besonders wichtig, viel zu trinken, weil der gesamte Organismus belastet wird, bei manchen Medikamenten vor allem auch die Nieren. Das Ziel der Therapie ist ja, Tumore zu zerstören, und da werden Zellbestandteile frei, die möglichst ausgeschwemmt werden sollen. Man sollte mindestens eineinhalb bis zwei Liter pro Tag trinken. Ansonsten ist eine ausgewogene, vollwertige Ernährung sehr wichtig.
Da sollte man sich an die Ernährungspyramide halten. Wovon wir strikt abraten, sind Krebsdiäten aus dem Internet, mit denen immer wieder PatientInnen versuchen, den Krebs auszuhungern. Das ist kontraproduktiv und führt oftmals zu großen Problemen, weil dadurch Mangelernährungen auftreten. Aber gerade während einer Krebstherapie braucht der Körper eine Vollversorgung.
Welche Nahrungsmittel eignen sich, um das Gewicht zu halten?
Die schon erwähnten Zusatzpräparate sind oft sehr hilfreich. Manchmal kommt man mit der normalen Ernährung nicht aus, da muss man dann über die Venen für Zusatzernährung sorgen. Das kann man auch zuhause machen, indem Infusionssäcke geliefert werden und man in die Handhabung des Infusionsbesteckes eingeschult wird. Dieses Vorgehen verwenden wir für Leute mit Schluckstörungen oder ähnlichen Problemen, die sonst nicht genug Flüssigkeit, Kalorien und Nährstoffe zu sich nehmen können.
An welche Anlaufstellen können sich Betroffene wenden?
Die Österreichische Krebshilfe kann man in jedem Fall als Anlaufstelle empfehlen. Dort kann man sich bezüglich Beratung und Hilfe melden und in Kontakt mit Selbsthilfegruppen kommen. Da nimmt die Krebshilfe eine wichtige Vermittlungstätigkeit ein.
Ausgewogen ernähren und viel trinken
PatientInnen mit Magenkarzinom müssen genau auf ihre Ernährung achten. Das gilt bei einer teilweisen oder vollständigen Entfernung eines frühen Magenkarzinoms sowie bei fortgeschritteneren Erkrankungsstadien mit Vorliegen von Fernmetastasen.
Entscheidend ist, auf eine ausgewogene Ernährung nach der Ernährungspyramide zu achten, bei Bedarf unter Zuhilfenahme von hochkalorischen Zusatzpräparaten oder intravenöser Ernährung.
Von Krebsdiäten aus dem Internet wird vom medizinischen Standpunkt her dringend abgeraten. Stattdessen sollte man eine individuelle Beratung bei spezialisierten DiätologInnen machen.
Sehr wichtig ist es zudem, viel zu trinken. Empfohlen werden vor allem zuckerarme Getränke ohne Kohlensäure, am besten sind Tees und Wasser. Auch auf die Temperatur der Nahrung und der Flüssigkeiten gilt es zu achten. Diese sollte bei Zimmertemperatur liegen.