Brustkrebs ist der am häufigsten vorkommende Krebs bei Frauen. Eine von neun Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Ab dem 45. Lebensjahr ist die Mammographie als Vorsorgeuntersuchung alle zwei Jahre etabliert. Ist sie nicht ausreichend zu interpretieren, sind ein Ultraschall und eine Magnetresonanzuntersuchung (MRT) sinnvoll.
Univ.-Prof. Dr. Edgar Petru
Stv. Klinikvorstand, Univ.-Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Klinische Abteilung für Gynäkologie, Medizinische Universität Graz
Was hat sich in den letzten Jahren in der Forschung zur Behandlung von Brustkrebs getan?
Brustkrebs ist bei Weitem nicht gleich Brustkrebs; es existieren viele unterschiedliche Brustkrebsuntertypen. Hochspezialisierte Untersuchungen der Pathologie definieren Untergruppen mittels molekulargenetischer Typisierung. Bestimmte Kennzeichen eines Tumors werden definiert, bei denen spezifische Tumortherapien besonders wirksam sind. Patientinnen können so gezielt ausgewählt werden, um maßgeschneiderte Therapien zu erhalten.
Welche Möglichkeiten kann die Medizin derzeit für die Behandlung von Brustkrebs anbieten?
Heute gibt es zum Glück mehrere innovative Behandlungsmöglichkeiten. Patientinnen mit hormonempfindlichem Brustkrebs können, selbst wenn bereits Metastasen vorliegen, mehrere Linien einer Antihormontherapie, z. B. als Tablette, erhalten. Parallel erfolgt eine gezielte Blockierung des Zellzyklus durch ein zweites Medikament. Beim vererbbaren Brustkrebs ist durch eine präzise Gentherapie ein Zellstopp möglich – und auch beim besonders problematischen, sogenannten „triple-negativen“ Subtyp, bei dem zusätzlich zur Chemotherapie eine Immuntherapie zur verbesserten Immunabwehr verabreicht wird, haben wir heute stark verbesserte Therapiemöglichkeiten.
Von welchen innovativen Therapieoptionen können Patientinnen profitieren?
Für einen weiteren – früher besonders ungünstigen – Subtyp, dem Her2-neu positiven Brustkrebs, gibt es hochwirksame Medikamente, die als trojanisches Pferd in die Zelle eingebracht werden. Dort treffen sie gezielt die speziellen Tumorzellen. Der Transportmechanismus erlaubt es, Substanzen, die normalerweise sehr nebenwirkungsreich wären, am Ort des Tumors zu entladen und so die Umgebung des Tumors zu schützen. Dadurch kommt es bei der Patientin zu weniger Nebenwirkungen. Solche Medikamente sind bei Metastasen heute schon Standard, werden in Zukunft aber sicher noch früher, z. B. vor bzw. nach der Operation, zum Einsatz kommen. Neueste Erkenntnisse zeigen, dass auch unter Tumoren, die früher als Her2-neu-negativ klassifiziert wurden, Untergruppen existieren, die als Her2-niedrig/Her2-low eingestuft werden können und ebenso von einer Her2-gerichteten Tumortherapie profitieren. Dies geschieht durch einen zusätzlichen zelltötenden Effekt, der in der Umgebung der Her2-positiven Tumorzellen ausgeübt wird.
Was können sich Patientinnen in den nächsten Jahren hinsichtlich der Vorsorge, aber auch der Behandlung von Brustkrebs erwarten?
Im Mittelpunkt stehen weiterhin die Mammographie und die Selbstbeobachtung bzw. Selbstuntersuchung der Brust. Die Operation wird in ihrem Ausmaß zunehmend zurückhaltender gestaltet werden können, z. B. hinsichtlich des Ausmaßes der Entfernung von Lymphknoten aus der Achselhöhle. Neue Krebsmedikamente, die oftmals bei anderen Subtypen Wirksamkeit zeigen als bei denen, für die sie ursprünglich entwickelt wurden, werden vermehrt eingesetzt werden. Noch nie waren Menschen so gefordert, sich umfassend zu informieren und daraus die Möglichkeit und die Motivation abzuleiten, Zusammenhänge besser zu verstehen, zu beurteilen und für ihre spezielle Situation zu berücksichtigen, damit sie möglichst lange gesund bleiben bzw. ihre Krankheit besser bewältigen können.