Als Überbringer der Diagnose steht jeder Arzt vor der Herausforderung, die richtigen Worte zu finden und dem Betroffenen auch Orientierung zu geben. Univ.-Prof. Dr.Christian Singer gibt Einblicke in die vielseitige Rolle eines Arztes.
Univ.Prof.Dr.Christian Singer, MPH
Professor für klinisch-translationelle gynäkologische Onkologie Universitätsklinik für Frauenheilkunde
Wie kann der behandelnde Arzt den Betroffenen auf das Gespräch mit der folgenschweren Diagnose vorbereiten?
Jedes
Gespräch ist genauso individuell wie der Patient selbst, doch natürlich
gibt es gewisse Orientierungspunkte, an die wir uns halten.
Üblicherweise steht bei dem Gespräch ein Psychoonkologe zur Seite, der
unterstützend eingreifen kann. Wichtig ist es von Seiten des
behandelnden Arztes, schnell auf den Punkt zu kommen und den Patienten
entsprechend vorzubereiten, dass es leider schlechte Nachrichten gibt.
Ich lege meinen Patienten nahe, bei dem Diagnosegespräch auch eine
Vertrauensperson aus dem engsten Kreis mitzunehmen, da die Einbindung
des sozialen Umfeldes bereits ab Diagnosestellung beginnt.
Neben der fachlichen Kompetenz des Arztes steht auch das psychische Wohlergehen des Patienten im Vordergrund. Wieviel Emotion kann man sich von einem Arzt erwarten, gibt es diese Ansprüche überhaupt?
Die Diagnose ist für viele Patienten ein Scheideweg, an dem ihr Leben völlig auf den Kopf gestellt wird. Hilfreich ist es, Anteil zu nehmen und der Diagnose nicht gleichgültig gegenüberzustehen. Der Patient soll seine Emotionen während des Gespräches nicht unterdrücken müssen. Prognosen über Überlebensdauer ohne genaue Therapieplanung sind unseriös und verunsichern noch mehr. Empathie ist das Schlüsselwort in dieser schwierigen Situation.
Durch welche Entwicklungen der letzten Jahre können Patientinnen mit metastasierten Brustkrebs neue Hoffnung schöpfen?
Die Überlebensrate hat sich in den letzten zehn Jahren dramatisch verbessert, weil wir neben früherer Diagnosemöglichkeiten auch über bessere Medikamente in der Therapie verfügen. Auf dem Gebiet der individuellen und zielgerichteten Behandlung hat sich so viel getan, dass von einem Vielfachen der Überlebenszeit ab Diagnose gesprochen werden kann.