Prim. Dr. Wolfgang Loidl
Abteilungsvorstand Abteilung für Urologie und Andrologie Leitung des Prostatazentrums, Ordensklinikum Linz GmbH Elisabethinen
Urologe Prim. Dr. Wolfgang Loidl im Interview zu einer Krankheit, die immer häufiger entdeckt wird – oftmals rein zufällig.
Können Sie uns zum Einstieg ein paar generelle Informationen zum Nierenkrebs geben?
Gerne. Nierenkrebs zählt heute zu den Top Ten der häufigsten Erkrankungen in Österreich. Wir rechnen mit 1.200 bis 1.300 Fällen pro Jahr. Das Alter der Betroffenen variiert von ganz jung – wir hatten jetzt erst einen 27-jährigen Patienten – bis ins hohe Alter. Im Schnitt liegt es bei etwa 60 Jahren.
Woran kann ein Patient merken, dass er eventuell Nierenkrebs haben könnte?
Der Krebs zeigt so gut wie keine Symptome, erst sehr spät, wenn er in das Hohlraumsystem der Niere eintritt und Patienten Blut im Harn haben. Die Blutung ist schmerzlos, weshalb Patienten oft verspätet zum Arzt gehen. Es kommt oft eher zufällig zu Diagnosen, wenn im Rahmen der Gesundenuntersuchung oder bei einem Ultraschall ein Tumor entdeckt wird. Da es heute immer mehr Vorsorgeuntersuchungen gibt, steigen die Zahlen.
Wie laufen die ersten Tage nach einer Diagnose ab?
Wenn bei einem Patienten im Ultraschall etwas auffällt, werden zunächst weitere Untersuchungen durchgeführt, meistens entweder eine Computer- oder eine Magnetresonanztomografie. Um genauer zu differenzieren, ob ungefährliche Zysten vorliegen oder ein solider verdächtiger Tumor, ist dann ein Radiologe gefragt. Wenn die Diagnose eindeutig ist, wird geklärt, wie genau operiert werden kann.
Wie steht es um die Heilungschancen?
Da sind wir sehr weit fortgeschritten. Die frühere Erkennung hat dabei sehr geholfen. Wenn wir den Tumor aus einer sonst noch gesunden Niere entfernen können, ist die Heilungschance sehr, sehr hoch. Die Fünfjahres-Überlebensraten bei lokal begrenzten Tumoren liegen bei über vier Fünftel. Wir versuchen, nierenerhaltend zu operieren, den Tumor aus der Niere zu schneiden und den gesunden Rest der Niere im Körper zu belassen. Das funktioniert in bis zu 80 Prozent der Fälle.
Wenn wir den Tumor aus einer sonst noch gesunden Niere entfernen können, ist die Heilungschance sehr, sehr hoch.
Was passiert bei späterer Erkennung?
Wenn die Tumore größer werden, besteht die Gefahr, dass Metastasen entstehen. Wir haben in den vergangenen Jahren eine deutliche Reduktion bei primär Metastasierten erfahren. Das sind weniger als 15 Prozent, ein deutlicher Rückgang. Leider kann es in einigen Fällen dennoch zu Metastasenbildung kommen – meistens binnen zwei bis drei Jahren nach der Operation, manchmal zehn bis 15 Jahre später. Die Lokalisation der Metastasen ist sehr vielfältig.
Wie geht es den Betroffenen?
Zum Glück hat die Medizin hier in den vergangenen zehn Jahren massive Fortschritte gemacht, speziell durch die Entdeckung der Immuntherapie, die sehr erfolgreich ist. Sie hat ein Langzeitüberleben geschaffen, das davor nicht möglich war. Die Betroffenen haben immer mehr Hoffnung.
Was sind Ihre Empfehlungen zur Früherkennung?
Die Männer sollten ab 45 Jahre zum Urologen gehen und eine Vorsorgeuntersuchung durchführen lassen. Dabei wird ein Ultraschall der Nieren obligat durchgeführt. Frauen sollten alle zwei-drei Jahre einen Ultraschall der Nieren durchführen lassen. Jüngere Fälle sind eher Ausreißer. Für Raucher ist das eventuell schon ab 40 zu empfehlen – da sind die Nieren auch ein bisschen mitbetroffen.
Gibt es eine Art Selbsttest?
Nein. Ich rate zu einem Ultraschall alle zwei Jahre. Das erleichtert die Frühdiagnose, tut nicht weh, kostet wenig. Zudem sollte man darauf achten, die Untersuchungsintervalle einzuhalten.
Worauf kann ich meinen Arzt ansprechen?
Der Hausarzt kann Blut abnehmen und auf Symptome wie eine erhöhte Blutzuckerkonzentration prüfen oder untersuchen, ob Blut in mikroskopischer Form im Harn vorhanden ist. Das sind mögliche Anzeichen eines Nierentumors, die ein Hausarzt finden kann. Der Nierenkrebs hinterlässt im Blut keine Marker wie andere Krebsarten. Der Hausarzt muss stattdessen einen Nierenultraschall beim Radiologen verschreiben, bei dem der Tumor entdeckt werden kann. Darauf kann man den Hausarzt ansprechen, auch um gegebenenfalls Nierensteine oder Gallensteine zu entdecken.
Was kann ich tun, um die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung zu senken?
Es gibt wenig, was einen Menschen zu einem Hochrisikopatienten für Nierenkrebs macht. Gesund leben, Bewegung betreiben, die Trinkmenge im Auge behalten, mit Salz sparsam umgehen. Übergewicht und Bluthochdruck sind Faktoren, die auf die Niere hinzielen.